Interview mit Vorsitzenden Robert Eberth zu aktuellen Entwicklungen des Sports im Landkreis

FW: Herr Eberth, wie steht es um den organisierten Sport? Welche Entwicklungen sind zu erkennen?

RE: Wie in anderen Teilen der Gesellschaft gingen die letzten drei Jahre auch am Vereinssport nicht spurlos vorbei. Seit einigen Monaten ist es erfreulicherweise wieder möglich, ohne Einschränkungen an den vielfältigen Sportangeboten teilhaben zu können. Auch das Vereinsleben rollt wieder an: Gerade im vergangenen Jahr initiierten unsere Vereine zahlreiche sportliche Veranstaltungen für nahezu alle Altersgruppen – von Sport- und Spielfesten für die Kleinsten bis hin zu (Gesundheits-)sportangeboten für die älteren Generationen. Darüber hinaus sind wir erleichtert, dass der Trainings- und Wettkampfbetrieb endlich wieder in geordneten Bahnen läuft. Nichtsdestotrotz steht der organisierte Sport in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen – aber auch neuen Möglichkeiten.

FW: Was meinen Sie damit konkret?

RE: Einige Vereine kommen nicht an einem Generationswechsel auf Leitungsebene vorbei. Infolgedessen rückt die Gewinnung von ehrenamtlichen Engagement vermehrt in den Fokus der Vereinsentwicklung. Andere Sportvereine haben enormen Zulauf von Kindern und Jugendlichen, jedoch nicht genügend Ressourcen im Bereich der Übungsleitung. Abgesehen davon kämpfen vor allem kleinere, ländliche Vereine mit einer elementaren Herausforderung: der Unterhaltung ihrer Sportstätte. Obwohl das in Kraft getretene Sportfördergesetz die Nutzung von Sportanlagen in öffentlicher Trägerschaft entgeltfrei ermöglichen soll, ist die Kostenbefreiung in einzelnen Fällen nach wie vor ungeklärt. Vereine mit Sportstätten im Eigenbesitz stehen vor hohen Instandhaltungs- und Betriebskosten und suchen derzeit nach Finanzierungsmöglichkeiten. Positiv zu erwähnen ist, dass unsere Vereine ihre Öffentlichkeitsarbeit effektiv durch die Nutzung von sozialen Medien oder Marketingstrategien erweitern, um Mitglieder und Ehrenamtliche zu gewinnen beziehungsweise zu binden. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, auf den Sportverein aufmerksam zu machen, für sportliche Aktivität zu werben, Transparenz und Zugang für alle zu schaffen – ganz im breitensportlichen Sinne.

FW: Vor kurzem endete die jährliche Mitgliederbestandserhebung aller Thüringer Sportvereine. Herr Eberth, wie hat der Landkreis Sonneberg abgeschnitten? Sind die Mitgliederzahlen rückläufig oder gibt es sogar einen Zugewinn?

RE: Erstmals seit einigen Jahren ist es wieder so, dass sich mehr Sportfreundinnen und Sportfreunde unseren Vereinen anschließen als austreten. Wir verzeichnen auf Basis der aktuellen Zahlen einen Zugewinn von 4,44 % - das sind 364 Personen. Damit liegen wir deutlich über dem thüringenweiten Zuwachs von 3,6 %. Der Großteil der aktuell 8.557 Mitglieder unserer Sportvereine betreibt die Sportarten Fußball, Skisport, Schießsport, Tischtennis und Volleyball. Im Geschlechtervergleich stehen 30 % weibliche den 70 % männlichen Mitgliedern gegenüber. 15 % der Landkreisbevölkerung sind in unseren Sportvereinen organisiert.

FW: Die Bindung an den Sportverein beginnt ja bekanntermaßen im Kindesalter. Was verrät die Statistik über die Entwicklungen in diesem so wichtigen Altersbereich?

RE: 90 % des registrierten Zuwachs sind Kinder bis 14 Jahre. Dies ist kein Zufall, sondern hat konkrete Gründe. Es wurde – wie bereits erwähnt – im vergangenen Jahr viel unternommen, um die Jüngsten unserer Gesellschaft für sportliche Aktivität zu begeistern. Als Triebkraft dieser Entwicklung sehe ich vor allem die Fülle an sportlichen Veranstaltungen, die unsere Sportjugend organisiert und durchgeführt hat. Hierunter zählen unter anderem die durchgeführte Kinder- und Jugendsportmeile im Mai 2022, offene Sportangebote, schulsportliche Wettkämpfe und Feriensportprogramme. Unsere Vereine wiederum nutzten die Mittel aus Förderprogrammen, um Sport- und Spielfeste oder Schnuppertage durchzuführen und somit auf sich aufmerksam zu machen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Gutscheinaktion der Sparkasse, die Grundschüler*innen das erste Mitgliedsjahr im Sportverein beitragsfrei ermöglicht. Ebenfalls hervorzuheben ist die zunehmende Entwicklung von Sportangeboten für Kinder im Vorschulalter. Mit unserer Lizenzausbildung „Eltern-Kind-Turnen/ Kleinkindturnen“ im Frühjahr 2022 konnten wir die Weichen dafür stellen, dass diese Sportgruppen durch qualifizierte Übungsleiterinnen abgesichert werden.

FW: Herr Eberth, angesichts der demografischen Entwicklung müssten doch gerade ältere Menschen, regelmäßige sportliche Aktivität im Verein nachfragen, oder nicht?

RE: Was plausibel klingt, ist in der Realität oftmals nicht der Fall. Laut einer repräsentativen Studie des Bundesinstituts für Sportwissenschaft aus dem Jahre 2019 halten diejenigen, die schon in jungen Jahren regelmäßig Sport im Verein treiben, auch im hohen Alter ihrem Verein die Treue. Wohingegen die über die Lebensspanne selbstorganisierten, regelmäßig Sportreibenden mit zunehmenden Alter weniger sportlich aktiv sind. Gerade letztgenannte Personengruppe wäre für einen Vereinsbeitritt von großer Relevanz. Der KSB Sonneberg versucht zusammen mit seinen Vereinen, die Sportangebote für Ältere zu optimieren. In erster Linie soll es darum gehen, die beteiligten Akteure – also Vereine und Institutionen – zu vernetzen, um möglichst viele ältere Menschen erreichen zu können.

FW: Auf welche (sportlichen) Höhepunkte dürfen wir uns in diesem Jahr noch freuen?

RE: Wir haben einiges auf der Agenda. Aktuell läuft unsere diesjährige C-Übungsleiter*in-Ausbildung. Für November ist der Übungsleiter*in-Grundlagenlehrgang geplant. Einen interessanten Workshop zur Ehrenamtsgewinnung erwartet unsere Vereinsfunktionäre am 25./26. Mai. Weitere Fortbildungen im Bereich Sportpraxis runden das Programm ab. Die sportlichen Highlights sind der 7. Familiensporttag in Neuhaus am Rennweg am 17. Juni, der 2. Sonneberger Triathlon am 20. August – diesmal in Lauscha – sowie der 24. Gesundheitssporttag für Frauen am 11. November. Wir hoffen auf zahlreiche Anmeldungen und natürlich auf jede Menge Zuschauende.

(Freies Wort, 1.4.2023)

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